Dienstag, 17. November 2009

Bundesweite Bildungsproteste gehen weiter

Zehntausende streiken - und keiner hat Schuld

Bundesweit sind erneut Zehntausende Studenten und Schüler für bessere Bildung auf die Straße gegangen. Allein in Berlin zogen nach Polizeiangaben rund 6000 junge Menschen in einem Protestzug durch die Stadt. Die Initiatoren - ein Zusammenschluss von Schüler- und Studentengruppen - sprachen von 12.000 Teilnehmern. Rund 2300 Studenten aus Mainz, Landau und Kaiserslautern demonstrierten in der Mainzer Innenstadt. In Hannover versammelten sich nach Angaben der Polizei rund 1300 Schüler und Studenten. Über 5000 Demonstranten beteiligten sich laut Polizei in München an dem bundesweiten Bildungsstreik.

Demonstranten (Foto: dpa)
"Bildung ist keine Ware, sondern ein Grundrecht", hieß es auf Transparenten in Köln.

Den Organisatoren zufolge waren den gesamten Tag über Demonstrationen in 50 deutschen Städten geplant - unter anderem auch in Wiesbaden, Freiburg, Münster, Aachen, Köln, Bonn und Duisburg.

Schlechte Studienbedingungen und Lehrplanüberfrachtung

Der Protest der Studenten richtet sich vor allem gegen die Stofffülle und gegen die Studienbedingungen in den im Zuge des Bologna-Prozesses eingeführten Bachelor-Studiengängen. Viele Hochschulen hätten es versäumt, die Studieninhalte den erheblich verkürzten Studienzeiten anzupassen. Auch lasse die straffe Organisation des Studiums keinen Freiraum, um noch nebenher das Geld für die Studiengebühren zu verdienen. Die Schüler forderten die Überarbeitung der Lehrpläne nach der Schulzeitverkürzung von neun auf acht Jahre bis zum Abitur.

Ministerin für Bafög-Erhöhung

Als Reaktion auf die Proteste stellte Bundesbildungsministerin Annette Schavan eine Bafög-Erhöhung in Aussicht. "Ich halte eine BAföG-Erhöhung für richtig und werde sie den Ländern und dem Bundeskabinett vorschlagen", sagte die CDU-Politikerin der "Berliner Zeitung". Bislang hatte Schavan eine Anhebung der BAföG-Sätze abgelehnt. Jetzt sagte sie, die Erhöhung solle das geplante Stipendienprogramm ergänzen.

Der niedersächsische Wissenschaftsminister Lutz Stratmann kündigte einem Zeitungsbericht zufolge Reformen bei Bachelor-Studiengängen an. "Es geht zum einen darum, die Kleinteiligkeit der Studieninhalte aufzubrechen", sagte der CDU-Politiker der "Nordwest-Zeitung". Kompetenzvermittlung sei wichtiger als zu früh vermitteltes Spezialwissen. "Wir brauchen wieder mehr Mobilität." Stratmann kündigte an, dass künftig mehr achtsemestrige Bachelor-Studiengänge angeboten werden sollten.

Unterstützung von Oppositionsparteien und Gewerkschaften

Die Gewerkschaften sowie die Oppositionsparteien SPD, Grüne und Linke unterstützten den Protest der Studenten. Die SPD forderte einen Verzicht auf die in einigen unionsgeführten Bundesländern erhobenen Studiengebühren. Die Bildungssprecherin der SPD-geführten Länder, die rheinland-pfälzische Kultusministerin Doris Ahnen, forderte die bundesweite Abschaffung von Studiengebühren. "Der Protest der Studierenden gegen diese Gebühren ist berechtigt", sagte Ahnen.

Pinkwart sieht Verbesserungen durch Bologna

Der nordrhein-westfälische FDP-Politiker Andreas Pinkwart widersprach. Er warf Ahnen vor, "durch falsche Behauptungen" junge Menschen zu verunsichern und in die Irre zu führen. Die Einführung der Bachelor- und Masterstudiengänge habe in seinem Bundesland "zu mehr Qualität in der Lehre geführt", sagte Pinkwart.

Philologenverband vermutet "Trittbrettfahrer"

Der Deutsche Philologenverband (DPhV) kritisierte, dass die Proteste hinsichtlich der Forderungen ein "sehr diffuses Bild" abgäben und weiterhin "durch linksextreme und politikunfähige Organisationen entscheidend mitgestaltet werden". Wie bei den Aktionen im Sommer hätten auch diesmal "einzelne linksextreme Organisationen und andere Trittbrettfahrer wie die GEW [Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft, Anmerkung der Redaktion] ideologisch motivierte Ziele im Forderungskatalog untergebracht", so der DPhV-Vorsitzende Heinz-Peter Meidinger.

Nach dem Willen der Studenten sollen die Proteste weitergehen: Für die Zeit vom 30. November bis zum 6. Dezember planen sie eine Aktionswoche. Bei der Kultusministerkonferenz in Bonn am 10. Dezember wollen die Streikenden die Zufahrtsstraßen blockieren.


BITTE HIER KLICKEN, UM ZUM ARTIKEL ZU GELANGEN!!!

Share/Bookmark

Keine Kommentare: